Im Rahmen spezifischer Funktionsuntersuchungen (Assessments) werden motorische und sensible Ausfälle, die durch die Querschnittlähmung bedingt sind, standardisiert erfasst. Gleiches gilt für die Selbstversorgungskompetenz. Mit neurophysiologischen Untersuchungen können Schädigungen und Restfunktionen von Leitungsbahnen im Rückenmark diagnostiziert werden.
Zwei hochmoderne urodynamische Untersuchungseinheiten, davon ein videourodynamischer Messplatz, stehen zur Verfügung, um Lähmungen im Bereich der Harnblase zeitnah diagnostizieren und behandeln zu können. Die Erkenntnisse und Fortschritte gerade auf diesem Gebiet haben zu einer deutlichen Verlängerung der Lebenserwartung Querschnittgelähmter beigetragen, dennoch sind neuro-urologische Komplikationen aktuell deutschlandweit noch der häufigste Grund der Notwendigkeit einer ambulanten oder gar stationären Behandlung. Zusammen mit unserer Beratungsstelle für Darmmanagement und Sexualität ergeben sich einerseits Möglichkeiten, unsere Patienten hinsichtlich ihrer gestörten Darmfunktion zu unterstützen, andererseits aber auch sie hinsichtlich ihrer veränderten Sexualfunktion zu beraten, notwendige Diagnostik bei Kinderwunsch durchzuführen oder sie bei Erfüllung dieses Kinderwunsches intensiv zu unterstützen.
Die Behandlung aller lähmungstypischen Komplikationen ist auch durch die Kooperation mit der Universitätsmedizin Greifswald gesichert. Druckgeschwüre sind eine wesentliche Komplikation bei bestehender Querschnittlähmung, diese können einerseits durch moderne Therapieschemata mit Unterstützung eines Wundmanagers ohne Operation durch moderne Wundverbände behandelt werden, andererseits erfolgen regelmäßig plastisch-chirurgische Eingriffe. Die operative Entfernung gelenknaher, funktionsbehindernder Weichteilverknöcherungen sowie auch spezielle operative Maßnahmen bei extremer Spastik durch chirurgische Muskel- und Sehneneingriffe bzw. rückenmarknaher Medikamentenapplikationen können durchgeführt werden.
Querschnittgelähmte Patienten, bei denen gleichzeitig Folgen einer Schädel-Hirn-Verletzung vorliegen, werden in der BDH-Klinik Greifswald unter Einsatz modernster Methoden behandelt, da der Indikationsbereich der Abteilung für Intensiv-/Weaning/Frührehabilitation Erkrankungen und Schädigungen des Gehirns aller Schweregrade umfasst und auch Patienten mit schwersten Bewusstseinsstörungen einschließt.
Durch eine immer älter werdende Gesellschaft kommt es zu einer Häufung von Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems. Es ist daher zusätzlich unsere Aufgabe, Patienten mit neurologischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie z. B. Multipler Sklerose oder Post-Polio-Syndrom zu behandeln. Diese Erkrankungen führen zu klassischen Symptomen einer Querschnittlähmung, insbesondere auch zu Harnblasen- und Darmfunktionsstörungen. Die vorhandenen modernen neuro-urologischen diagnostischen Möglichkeiten und langjährige Erfahrung sind die Basis dafür, dass diese Patienten, aber auch Patienten mit Morbus Parkinson, nach Schlaganfall oder ähnlichen Erkrankungen, neuro-urologisch diagnostiziert und behandelt werden können. Diese Patienten, aber auch solche nach größeren Operationen im Becken, haben häufig Funktionsstörungen von Harnblase, Darm und Sexualität. All diese Patienten sind in der Regel im Rahmen ihrer Grunderkrankung umfassend versorgt, die neuro-urologischen Probleme werden aber häufig zu spät erkannt oder nicht leidensgerecht gewertet. Auch durch den neuro-urologischen Schwerpunkt des Behandlungszentrums kann hier Hilfe angeboten werden.
Auf den Stationen des Querschnittgelähmtenzentrums arbeiten als zentraler Baustein der Behandlung engagierte und verantwortungsvolle Pflegeteams. Neben der Grund- und Behandlungspflege sorgen die Pflegeteams für die Umsetzung des Atemwegsmanagements, der Vermeidung und Behandlung von Druckgeschwüren und der Wundbehandlung, des richtigen Lagerns, der Ernährung und Ausscheidung. Die Mitarbeiter der Pflegeteams sind besonders im Wundmanagement, dem Harnblasen- und Darmmanagement geschult. Bei der individuellen Betreuung unserer Patienten verbringen sie einen großen Teil des Tages mit den Querschnittgelähmten, erleben deren Persönlichkeit und Lebensqualität. Mit Kompetenz, Verantwortungsbewusstsein und Fingerspitzengefühl begleiten sie die Patienten tagtäglich auf ihrem Weg zu einer der Lähmung entsprechenden größtmöglichen Selbständigkeit und Integration, zurück ins Leben. Die Pflegeteams sichern eine konstruktive und pragmatische Kooperation mit allen Bereichen und Berufsgruppen des Zentrums. Wissenschaftliche Erkenntnisse, zum Beispiel aus dem Arbeitskreis Pflege der Deutschsprachigen medizinischen Gesellschaft für Paraplegie (DMGP) fließen in die tägliche pflegerische Arbeit ein.