Forschung für die Rehabilitation heute heißt für uns, dafür Sorge tragen, dass wir unseren Patienten immer die bestmögliche Therapie anbieten können. Die Neurowissenschaften, die das Gehirn, das Rückenmark und deren Erholung bei Schädigung untersuchen, expandieren weltweit. Doch welche dieser Erkenntnisse können direkt in die klinische Behandlung Eingang finden? Welches Wissen können wir nutzen, damit unsere Patienten in ihrem Alltag davon profitieren? Darum geht es uns „bei klinischer Forschung für die Rehabilitation“. Was heißt das konkret? Gemeinsam mit Partnern der Universität und Universitätsmedizin Greifswald, aber auch nationalen und internationalen Kooperationspartner überlegen wir, in welchem Themenbereich und mit welchen Innovationen aktuell Therapiefortschritte erzielt werden können. Damit möchten wir heute schon die Zukunft gestalten.
Schlaganfall-bedingte Behinderungen („neuro-disabilities“) nehmen weltweit deutlich zu, ein Trend, der sich in den nächsten Jahren weiter verstärken wird. Gleichzeitig kann eine evidenzbasierte, inhaltlich und im Umfang adäquate neurorehabilitative Behandlung Behinderung nachhaltig reduzieren und Selbständigkeit im Alltag wiederherstellen. Doch wie soll das gelingen, wenn der Bedarf wächst, nicht aber die Ressourcen?
Humanoide Robots als Therapie-Assistenz in der Neurorehabilitation haben ein Potential, einen Beitrag zu leisten, sie könnten den Wirkkreis humaner Behandler (Ärzte und Therapeuten) erweitern. Wenn dies gelänge, könnte so sehr viel Behinderung reduziert und vermieden werden.
Dies ist zunächst aber nur eine Forschungsidee. Solche humanoiden Therapieroboter gibt es nicht. Für ihre Entwicklung sind eine Reihe wissenschaftlicher Fragen zu klären, die eines genuin interprofessionellen Ansatzes bedürfen und ohne dem eine seriöse und gesellschaftlich verantwortliche Entwicklung nicht realisiert werden kann. Der multiprofessionelle E-BRAiN-Forschungsverbund M-V (Koordination: Prof. Platz) wird diese Fragen beantworten. E-BRAiN steht für „Evidenz-basierte Robot-Assistenz in der Neurorehabilitation“.
Das Gesundheitsprojekt „OptiNIV“ (Akronym für die „Optimierung der nachklinischen Intensivversorgung bei neurologischen Patienten“; Internetseite optiniv.de) mit neuer Versorgungsform und klinischer Studie soll
Die Evaluation der Behandlung und ihrer Ergebnisse (klinisch und gesundheitsökonomisch) erfolgt unter Leitung von Professor Platz, Leiter des Instituts für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung und der AG Neurorehabilitation der Universitätsmedizin Greifswald gemeinsam mit Prof. Dr. Kohlmann, Institut für Community Medicine, Universitätsmedizin Greifswald und Prof. Dr. Fleßa, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement, Universität Greifswald.
Für die Deutsche Gesellschaft für NeuroRehabilitation (DGNR), deren Präsident Prof. Platz aktuell ist, leitet Prof. Platz auch die Leitlinienkommission. Er ist ferner Mitglied in der „Institution Leitlinien“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und in der „Task Force COVID-19“ der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlich medizinischer Fachgesellschaften (AWMF).
Am Institut für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung wurde die Leitlinie „Rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall“ fachgesellschaftsübergreifend und evidenzbasiert (S3, Federführung DGNR) erstellt und (in 2020) aktualisiert publiziert (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/080-001.html). Gleiches gilt für die fachgesellschaftsübergreifend entwickelte Leitlinie „Therapie des spastischen Syndroms“ (S2k, Federführung DGN) (Publikation in 2018; Link https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/030-078.html). Für die Task Force „COVID-19“ koordiniert Prof. Platz die Leitlinie „SARS-CoV-2, COVID-19 und (Früh-) Rehabilitation“ (S2k, Federführung DGNR) (aktualisierte Version 2, im November 2021 publiziert; Link https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/080-008.html).
http://www.dgnr.de/
Federführend organisiert das Institut für die Weltföderation NeuroRehabilitation (WFNR) gemeinsam mit multiprofessionellen Arbeitsgruppen aus der ganzen Welt evidenzbasierte Praxisempfehlungen für die Schlaganfall-Rehabilitation. Die Veröffentlichung erfolgte in 2021 als WFNR-Springer-„open Access“-Buch (Freier Download des Buches oder einzelner Kapitel möglich; Link: Clinical Pathways in Stroke Rehabilitation | SpringerLink). Dadurch soll unterstützt werden, dass das aktuell beste Wissen weltweit möglichst zeitnah in die klinische Praxis übertragen wird. Die Inhalte werden von den internationalen Autorengruppen jetzt unter Organisation des Institutes auch als „Certificate Teaching Course“ in digitalen und Präsenzformaten Praxis-orientiert vermittelt.
Das Institut für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung leitet auch die "WFNR-Cochrane collaboration task force". Die Weltföderation Neurorehabilitation und Cochrane Rehabilitation arbeiten zusammen, um Ergebnisse aus qualitativ hochrangigen systematischen Reviews, die die Daten aus vielen Studien zu einer Fragestellung zusammen fassen, für die klinische Praxis anwendbar zu machen. Welche klinischen Empfehlungen resultieren aus neuen Ergebnissen? Für diesen Prozess werden am Institut für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung Methoden entwickelt, Daten systematisch gesucht und bewertet.
Die Arbeit des Instituts für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung wird von der BDH-Stiftung großzügig unterstützt. Eine Integration in die regionale medizinische Forschung erfolgt durch Universität und Universitätsmedizin Greifswald.
In der Vergangenheit und aktuell haben wir mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Europäischen Union neue Therapieverfahren etablieren können, die nachweislich wirksamer sind, als andere Therapiealternativen. Dazu zählen Verfahren für die Armrehabilitation nach dem Schlaganfall, das sogenannte schädigungsorientierte Training (Impairment-oriented-training, IOT) mit dem Arm-Basis-Training für Patienten mit hochgradigen Armlähmungen nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma und dem Arm-Fähigkeits-Training für Patienten mit leichtgradigen Armlähmungen nach Schlaganfall und Schädel-Hirn-Trauma.
Wir bedanken uns bei unseren Förderern und unseren Patienten, die unsere Forschung für die Rehabilitation unterstützen. Studenten ermöglichen wir als Hilfswissenschaftler in unserem Team wissenschaftliches Arbeiten kennenzulernen und eine medizinische Promotion anzustreben.
Zur Übersicht über Publikationen empfehlen wir einen Blick auf die ORCID-Seite:
Die nächsten IOT-Kurse finden online/digital oder als Präsenzveranstaltungen statt. Details entnehmen Sie bitte unseren Veranstaltungsankündigungen.
Zum mittlerweile sechsten Mal veranstaltete das Institut für Neurorehabilitation und Evidenzbasierung in Zusammenarbeit mit dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald die Summer School Neurorehabilitation vom 17. – 20.06.2024. Mit dieser Initiative der Weltföderation NeuroRehabilitation wollen die Verbindung zwischen aktueller Evidenz und klinischer Praxis herstellen. Das multiprofessionelle Team der Referierenden stellte evidenzbasierte Praxisempfehlungen zur Rehabilitation der Motorik, Sprache, visuellen Wahrnehmung, Kognition und Emotion sowie zur Behandlung von Bewusstseinsstörungen, des Schluckens und der Atmung (Weaning) vor. Darüber hinaus wurden auch allgemeine Aspekte der Neurorehabiliation wie die ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) und Bedingungen guter Teamarbeit sowie neurobiologische Grundlagen der Neurorehabilitation thematisiert.
Alle notwendigen Informationen finden Sie auf der entsprechenden Internetseite der AG Neurorehabilitation der Universitätsmedizin Greifswald:
Studentenunterricht findet für Medizinstudenten im klinischen Abschnitt statt. Medizinstudenten sammeln bei uns auch gerne praktische Erfahrungen bei Famulaturen. Im Wintersemester findet die Vorlesung „Neuropsychologie“ für Master-Studierende im Fach Psychologie statt.